Geschichte/n entdecken
Eine virtuelle Karte und Rundgänge zu Erinnerungsorten an die Zeit des Nationalsozialismus in und um Dresden
Uljana Sieber und Björn Walter
Geschichte ist in einer Stadt immer präsent, aber nicht immer offen sichtbar. Ziel des Projektes war es, einen Wegweiser für die Suche nach und Werkzeuge für die Erschließung von lokalen Zeitzeugnissen zur Verfügung zu stellen, um letztlich die Zeit des Nationalsozialismus einschließlich des Zweiten Weltkrieges zugänglich zu machen. Mit einer eigenen Webpräsenz liegt das Ergebnis nun vor und kann genutzt werden.
Über die Projektseite
Die Projektseite ist so angelegt, dass sie dazu einlädt, sich in einzelne Aspekte der Geschichte/n zu vertiefen. Dabei begegnet man Menschen, die diese Zeit selbst erlebten oder Erzählungen ihrer Angehörigen wiedergeben. Durch ihre Authentizität eröffnen sie einen unmittelbaren, emotionalen Zugang zur Vergangenheit. Unter dem Menüpunkt Zeitzeugen kommt eine große Bandbreite an Erinnerungen an die Zeit des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkriegs zur Sprache.
Biografien von Menschen sind immer mit Orten verbunden, daher werden die wichtigsten Stationen der befragten Personen auf einer digitalen Karte visualisiert. Darüber hinaus wurden im Rahmen des Projektes auch Orte untersucht und beschrieben, die in besonderer Weise für das Funktionieren des NS-Regimes in Dresden stehen. Dazu gehören Orte der Verfolgung, Ausbeutung und Vernichtung, aber auch Stätten der ideologischen und militärischen Ausbildung, der Kultur und des Alltagslebens in der Diktatur.
Um die Geschichte der Stadt leicht zugänglich zu machen, wurden zunächst Gebäude und Plätze ausgewählt und auf der Karte markiert, die sich über einen Rundgang oder eine Fahrradtour gut erschließen lassen. Jede Station enthält Informationen, die die historische Dimension des jeweiligen Ortes aufzeigen. Hierfür entstanden Texte, die ein individuelles Erkunden der Stadt ermöglichen, aber auch als Grundlage für geführte Touren genutzt werden können. Diese Touren werden dauerhaft als geführte Gruppentouren über das Portal der Gedenkstätte Bautzner Straße zum Buchen zur Verfügung gestellt.
Der Rundgang Dresdner Altstadt
Ein Beispiel für die Möglichkeiten einer solchen Tour ist der Rundgang Dresdner Altstadt. Diese Innenstadttour ist als Rundweg angelegt, bei dem man an jedem der auf der Karte angezeigten Punkte starten kann. Beginnt man den Weg beispielsweise am Postplatz, kann man mehr über die Geschichte der beiden nahegelegenen Kulturstätten – die Semperoper und das Schauspielhaus – während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs erfahren.
Fritz Busch, Dirigent an der Semperoper, wurde 1933 wegen seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus entlassen. Der musikalische Direktor des Schauspielhauses, Arthur Chitz, wurde aufgrund seiner jüdischen Herkunft im selben Jahr aus seinem Amt vertrieben und später nach Riga deportiert, wo er 1944 nach einer Phase der Zwangsarbeit starb. Beide Häuser wurden während der nationalsozialistischen Diktatur auch für politische Veranstaltungen genutzt und schließlich 1944 kriegsbedingt geschlossen. Während der Bombardierung Dresdens am 13. Februar wurden die Semperoper und das Schauspielhaus zerstört.
Historische Orte und Zeitzeugeninterviews
Nach dem etwa zweistündigen Rundgang über 13 Erinnerungspunkte der Dresdner Innenstadt wird man innehalten wollen. Vielleicht nutzt man im Anschluss die Möglichkeit der Webpräsenz, um unter dem Menüpunkt Historische Orte weitere Informationen zu den soeben passierten Orten nachzulesen oder sich anzuhören, was Zeitzeugen über die Zeit des Nationalsozialismus in Dresden erzählen. So berichtet beispielsweise Renate Aris in ihrem Videointerview, wie sie in den Tagen nach den Bombenangriffen auf Dresden mit ihren Eltern und ihrem Bruder vor der drohenden Deportation floh.